B e r e s h e e t

30 Juni 2020 - 24 Juli 2020

Anknüpfend an frühere Arbeiten, wie „Round the world in 80Mbit/s“ (ein VR-Trip um die Welt) und „Friend or Foe“ (ein Kickerspiel führt in psychologischen Dimensionen, die uns in unserem sozialen Miteinander keine Möglichkeit zur sicheren Verortung unseres Selbst lässt), begibt sich Federico Delfrati wieder auf eine Entdeckungsreise in unbekannte Weiten.

Beresheet (hebräisch „am Anfang“) ist der Name des gescheiterten israelischen Mondlandefahrzeugs, das am 11. April 2019 auf der Mondoberfläche zerschellte. Es war Teil der gemeinnützigen Arch Mission Foundation, dessen Fracht die erste Mondbibliothek der Stiftung, ein „Backup des Planeten Erde“ erstellen wollte. Ein DVD-großes Archiv mit 30 Millionen Seiten an Informationen über die Erde, menschlichen DNA-Proben und unter anderem tausenden von Tardigrada-Exemplaren (Bärtierchen).

Bei diesen uralten Tieren, die jedes der fünf großen Massensterben auf der Erde überdauerten und heute überall zu finden sind, von bemoosten Flächen im Hinterhof bis zu den feindlichsten Lebensräumen der Welt, geht man davon aus, dass sie aufgrund ihrer extremen Anpassungsfähigkeit auch den Absturz des Beresheet überlebten. Einige Theorien spekulieren, sie könnten in einer Art Ruhezustand dort weiter existieren.

Als zentrales Stück der Ausstellung fungiert ein Sitzsack von monumentalen Ausmaßen in der Form eines solchen Bärtierchens. Auf diesem zweckdienlichen „Sofa“ kann sich das Publikum beispielsweise niederlassen und der 40’ Liveaufführung der sich über fünf Akte erstreckenden Kombination aus gesprochener Erzählung, Techno- und Synthi-Pop-Balladen lauschen.

Formuliert wird eine Geschichte, als eine Reihe immer möglicher Neuanfänge selbst nach galaktischen Katastrophen, die sich über die Zeit vom Urknall bis in eine imaginäre, absurde und ferne Zukunft erstreckt. Im Überlebenskonzept des Bärtierchens, seiner schier unbegrenzten Resistenz lösen sich zeitliche und räumliche Verortbarkeit auf.

In ihrer Gesamtheit verweist die performative Installation auf das fortschreitende sechste Massensterben, das sich in unserer Gegenwart abspielt, und schafft einen grotesken Warteraum, um in der zum Teil selbstverursachten gegenwärtigen Katastrophe auf dem Rücken eines wahren Überlebenden auszuharren.

Federico Delfrati wurde 1987 im italienischen Legnano geboren. Ab 2012 studierte er an der AdBK in München bei Hermann Pitz und machte dort 2015 seinen Abschluss.

Er war 2019 der ausgewählte Münchner Stipendiat des von uns organisierten und mit unseren Partnern, dem Kulturreferat der LH München und dem Goethe Institut, realisierten Austauschprogramms mit dem Taipei Artist Village in Taipei.

Zur Ausstellung erscheint ein Opern-Libretto in englisch und deutsch, realisiert mit freundlicher Unterstützung der LfA Bayern.

Das Album Beresheet wurde produziert in Zusammenarbeit mit Judith Bodendörfer (Stimme).

Federico Delfrati ist zur Eröffnung anwesend.

Künstler