In ihrer Einzelausstellung im Apartment der Kunst stellt Anne Pfeifer zwei neue Arbeiten vor: Axis, eine den ganzen Raum des Apartments besetzende kinetische Soundinstallation und das, in Zusammenarbeit mit Bernhard Kreutzer entstandene, Zweikanal-Video Stairway.
Der übergeordnete Geist, der beide Arbeiten verbindet läßt sich dem »Gehen und Fallen« zuordnen, aber nicht nacheinander, sondern gleichzeitig.
Laurie Anderson hat das in einem ihrer Liedtexte auf wunderbar poetische Weise formuliert:
You're walking. And you don't always realize it
But you're always falling
With each step, you fall forward slightly
And then catch yourself from falling
Over and over, you're falling
And then catching yourself from falling
And this is how you can be walking and falling
At the same time
(Laurie Anderson; Walking and Falling; 1982)
Was man braucht um immer in einem gewissen Gleichgewicht zu bleiben, ist eine stabile Achse. Sichtbar oder unsichtbar. Im chinesischen Tai-Chi gibt es den Begriff des Dāntián. Er bezeichnet den energetischen Schwerpunkt eines Menschen. Dieser Schwerpunkt wird in Axis und Stairway auf überaus vorsichtige und dennoch intensive Weise ausgelotet.
Die Arbeit Axis besteht in ihrem Format aus drei Quadern 1,50 m x 0,30 m x 0,30 m, die sich an der Körpergröße der Künstlerin orientieren, und in ihrer Mitte über eine horizontale Achse miteinander verbunden sind. Die äußere Haut von Axis besteht aus Renngitter. Im Gegensatz zu vorherigen Arbeiten mit durchgehend geschlossenen Oberflächen, wird so ein Einblick ins Innenleben der Objekte ermöglicht. Während früher ein Klopfen, eine Art Herzschlag die Körper, die zunächst leblos und starr erscheinen, aus sich selbst heraus in subtile Bewegung versetzen, sind es bei Axis insgesamt sechs innenliegende Propeller die einem eigens komponierten Rhythmus folgen. Durch die entstehenden Luftströmungen geraten die Körper in sich immer weiter steigernde oder sanfter werdende Schwingungen. Statt klopfen oder trommeln wird der rhythmische Sound durch die sich an- und ausschaltenden Propeller bestimmt.
Die Achse stellt auch die Verbindung zum Video Stairway her, das sich auch immer an der Grenze von laufen und fallen bewegt. Man sieht Anne Pfeifer und Bernhard Kreutzer wie sie ständig eine lange Treppe hinauf- und herabsteigen. Die Bewegungen der beiden sind seltsam ungelenk, denn nur vermeintlich beschreiten die Künstler die Treppe in gewöhnlicher Art und Weise. Eigentlich laufen sie rückwärts und durch das umgekehrte Abspielen der Aufnahmen, entsteht eine Vorwärtsbewegung. Was man jedoch in der Quintessenz wahrnimmt ist, dass sie sich stets um die innere Achse neu ausbalancieren. Es ist ein Gehen an der Grenze das doch nie zum Fallen führt.
Dies ist wohl eine der bewegendsten Erfahrungen an Anne Pfeifers Arbeit, dass sie bei aller Abstraktion und technischen Finesse doch immer den physiologischen und sozialen Faktoren unseres Daseins nachspürt, den existenziellen Prozessen des Lebens.
1987 in Lindenfels geboren, schloss Anne Pfeifer 2017 ihr Studium als Meisterschülerin von Jorinde Voigt an der AdbK München ab.
Kürzlich erhielt sie das Stipendium "Junge Kunst" der Staff Stiftung und der Alten Hansestadt Lemgo.
Ihre Arbeiten sind in der Sammlung des ZKM | Zentrum für Kunst und Medien, Karlsruhe und der LfA Förderbank Bayern, München vertreten.
Die Realisierung von Axis wurde durch die Erwin und Gisela von Steiner Stiftung gefördert.
Im Laufe der Ausstellung wird ein Katalog zur künstlerischen Arbeit von Anne Pfeifer erscheinen. Dieser wurde durch die Förderung des BBK Nürnberg / Mittelfranken und der LfA München ermöglicht.
Anne Pfeifer und Bernhard Kreutzer sind zur Eröffnung anwesend.